Wort zum Sonntag Palmarum - 5. 4. 2020

Fürchte dich nicht, du Tochter Zion!
Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen.

Evangelium zum Sonntag Palmarum nach Johannes (Kapitel 12, Vers 15)

 

Hoppe, hoppe Reiter, wenn er fällt, dann schreit er.
Fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben,
fällt er in den Sumpf, macht der Reiter „plumps“!

 

Wie oft habe ich dieses Kinderlied mit meinen eigenen Kindern gesungen, gespielt als sie noch klein waren, habe sie dabei auf meinen Knien hüpfen lassen. Das war ein Lachen und Fröhlichsein. Und wie haben sie gejubelt, beim Plumpsen zwischen meine Knie.

 

Darauf lief ja immer alles hinaus: auf den Boden zu fallen.

 

Ein lustiges Kinderlied, ein merkwürdiger Kinderreim.

 

Und wie merkwürdig passend zu Palmsonntag, genauer zu diesem Eselsreiter, der da in Jerusalem einzieht! Denn der fällt.

 

Palmsonntag. Heute beginnt die sog. Karwoche, in der wir uns an das Leiden und Sterben Jesu erinnern. Und sie beginnt mit großem Jubel. Laut ruft die Menschenmenge in Jerusalem zu Jesus: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!

 

Doch in dieser letzten Woche im Leben von Jesus läuft alles anders, als es viele erwartet haben. Der Weg von Jesus führt nicht geradewegs auf den Königsthron, sondern ans Kreuz. „Jesus Christ Superstar“, er fällt. Er fällt tief, sehr tief. Jesus fällt. Das hat er mit uns gemein. Denn wir fallen auch, immer wieder. Wir fallen in diesen Corona-Zeiten aus unseren selbstverständlichen Gewissheiten heraus. Dass wir einander nah sein können, miteinander etwas unternehmen, zu Ostern verreisen oder die alten Eltern zu uns einladen.

 

All das geht in diesem Jahr nicht. Dabei ist das Bedürfnis nach Gemeinschaft und Trost so groß ist wie lange nicht. Social distancing, soziale Distanzierung ist dagegen das Gebot der Stunde. Dass nun auch in der Karwoche und zu Ostern unsere Kirchen leer bleiben müssen, ist für viele ein großer, noch nie gekannter Schmerz.

„Fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben.“

 

Jesus endet im Grab. Die Menschenmenge jubelt nicht mehr. Erst haben sie ihn gefeiert mit Hosianna-Rufen, dann haben sie ihn verschrien: Kreuziget ihn! – und schließlich lastete eine Stille auf dem Land, eine schwere, drückende Todesstille. In der Karwoche werden wir in die dramatische Dynamik der letzten Tage Jesu hineingenommen, vom triumphalen Einzug in Jerusalem über das Geklirr der Waffen in Gethsemane, bis zum Schrei am Kreuz und der Todesstille im Grab. Am Ende fällt Jesus ins Grab, in den Graben, der auf alle wartet.

 

Über Fall und Schrei und Stille geht Jesus unseren Weg. Gott sei Dank endet die Karwoche nicht mit Kreuz und Tod. Sie mündet in den Ostermorgen. Jesus geht und reitet und fällt unsere Wege. Er schreit unseren Schrei. Da ist er uns nah. Und er macht einen neuen Weg auf, den Weg aus Grab und Graben heraus, aus dem Tod in neues, frisches, duftendes Leben im Ostergarten. Er bereitet uns ein Lachen. Da sind wir ihm nahe, da nimmt er uns mit!

 

Darauf hoffen und danach sehen wir uns auch. Dafür beten wir. Jeden Abend um 18 Uhr läuten unsere Kirchenglocken und laden dazu ein, mitzubeten. Wir entzünden in unseren Kirchen die Osterkerzen, sprechen zusammen mit Ihnen zuhause das Vaterunser und sind so im Gebet miteinander verbunden.

 


 

Fürchte dich nicht! Siehe, dein König kommt.

Jetzt, mein Gott, brauchen wir Dein Kommen.

Wir brauchen Dich an unserer Seite und um uns herum.

Denn wir brauchen Mut. Und Phantasie. Und Zuversicht.

Darum: Komm!

Zu den Kranken vor allem.

Und zu den Besorgten.

Komm zu denen, die anderen beistehen:

Ärztinnen und Pfleger,

Rettungskräfte und Arzthelferinnen,

alle, die nicht müde werden, anderen zu helfen.

Komm zu den Verantwortlichen

in Gesundheitsämtern und Einrichtungen,

in Politik und Wirtschaft.

Und zu den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern

auf der Suche nach Heilmitteln und Impfstoffen.

Komm auch zu denen,

an die kaum jemand denkt – jetzt in der Zeit der Pandemie:

Die Menschen auf der Straße,

die Armen,

die Geflüchteten in den Lagern in Griechenland

und im türkisch-griechischen Grenzgebiet.

Jetzt, mein Gott, tut uns Dein Kommen gut.

Du bist ja da, um uns herum.

Hilf uns zu sehen, was trägt.

Was uns am Boden hält und mit dem Himmel verbindet,

mit Dir, unserem Gott.

Denn das ist’s, was hilft und tröstet und uns die Furcht nimmt.

Jetzt und in Ewigkeit.

Fürchte dich nicht! Siehe, dein König kommt.

So lege ich in Deine Hände, Gott, meinen Weg – begleite ihn.

So lege ich in Deine Hände, Christus, meine Zeit – erbarme Dich.

So lege ich in Deine Hände, Heiliger Geist, meine Angst - erhöre mich.

Dreieiniger Gott, in Deine Hände lege ich meinen Dank – ich glaube an Dich.

Amen.

 

Gottes Segen wünscht Ihnen

Ihr Pfarrer Christoph C. Schwaegermann

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