Wort zum Sonntag Kantate - 10. Mai 2020

"Glaube ist der Vogel, der singt, wenn die Nacht noch dunkel ist."

(Rabindranath Tagore)

 

"Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder!"

 (Psalm 98,1)

 

Singen, -  das haben wir in der Corona Zeit wiederentdeckt:

In Italien standen die Menschen während strengster Ausgeh-und Kontaktverboten  auf den Balkonen und haben mit einander gesungen. Andere musizierten - und nicht nur da.  Auch in Deutschland sangen viele abends auf dem Balkon "Der Mond ist aufgegangen" mit den wohltuenden, tröstlichen Worten.

 

Vor dem Rheinwaldheim musizierten und sangen Gudrun Brüdern und ich in den letzten Wochen, meistens am Freitagnachmittag. Die Bewohner saßen am offenen Fenster oder draußen auf dem Hof. Sie hörten zu oder sangen mit. Es waren einfache, altbekannte Lieder: Die Gedanken sind frei....Froh zu sein bedarf es wenig, ...We shall overcome,...Geh aus mein Herz und suche Freud...Bewahre uns Gott, behüte uns Gott...; Bei "Wenn der Frühling kommt, dann schick ich dir, Tulpen aus Amsterdam...." wurde natürlich nicht nur gesungen, sondern auch geschunkelt. Es war herrlich!

Wir haben gemerkt: Singen befreit,  Singen verbindet, weckt die Lebensgeister. Es war den Gesichtern anzusehen, es war zu spüren.... wir haben es erlebt. Ich bin jedes Mal glücklich und erfrischt nach Hause gefahren.

 

Und wir waren nicht die einzigen, die hier und da auf der Straße oder vor anderen Altenheimen Heimen Musik gemacht haben.

 

Ob Segenslieder, Wanderlieder, Schlager, Popsongs - den ersten Vers eines Liedes können wir  meistens auswendig. Was danach kommt,... tja, war da nicht was? Schnell wird klar, dass wir die weiteren Strophen nicht mehr im Kopf haben, dass wir sie vergessen, nie gelernt oder überhaupt noch nie zur Kenntnis genommen haben. Schade, denn da kommt noch was!

 

Auch unser heutiger Sonntag "Kantate"  hat seinen Namen von der ersten Zeile eines biblischen Liedes, dem Psalm 98.

 

            "SINGT dem Herrn ein neues Lied,

            denn er tut Wunder" (V1)

 

Schauen wir doch mal nach. Was steckt dahinter? Und was kommt noch?

 

Das Lied wurde angestimmt von denen, die aus dem Exil in Babylon in die alte Heimat Jerusalem und Juda heimgekehrt waren. Die Heimkehrer fanden keine blühenden Landschaften vor. Vieles war fremd. Viel Aufbauarbeit war zu leisten. Aber sie waren wieder da - und frei. Und das war doch ein Grund, Gott für seine Treue und Hilfe zu loben - und zwar nicht nur ein Bisschen, sondern in den allerhöchsten Tönen: Hat Gott hier nicht ein Wunder getan? sangen sie. Und hat sich der Gott des kleinen Israel mit der Rückführung der Exilanten nicht als König auch der großen Völker und Imperien erwiesen?

 

            Er schafft Heil mit seiner Rechten

            und mit seinem heiligen Arm.

            Der Herr lässt sein Heil kundwerden

            vor den Völkern macht er seine Gerechtigkeit offenbar.

            Er gedenkt an seine Gnade und Treue für das Haus Israel.

            aller Welt Enden sehen das Heil unseres Gottes.

            (V1-3)

 

Grund genug also, jetzt nicht nur selbst zu singen, sondern "alle Welt" aufzufordern, mit einzustimmen. Alle Welt soll mitsingen, soll diesen Gott, der verborgen am Werk war, loben und damit anerkennen.

 

            Jauchzet dem Herrn, alle Welt

            singet, rühmet und lobet!

            Lobet den Herrn mit Harfen,

            mit Harfen und mit Saitenspiel!

            Mit Trompeten und Posaunen,

            jauchzt vor dem Herrn, dem König.

 

Ja, die ganze Schöpfung, die Natur, Flüsse,  Berge, Meere und alle Tiere sollen einstimmen!

 

            Das Meer brause und was darinnen ist

            der Erdkreis und die darauf wohnen.

            Die Ströme sollen frohlocken

            und alle Berge seien fröhlich vor dem Herrn!

            (V48)

 

Alles was lebt, soll singen, glücklich sein, soll musizieren, schunkeln, lachen, weil Gott Wunder tut!

 

Die Heimkehrer lassen sich das  Singen nicht nehmen, trotz des mühsamen und weiten Weges, der hinter ihnen liegt, und trotz der vielen Arbeit, die vor ihnen liegt. Dass die Jahre Gefangenschaft in Babylon ein Ende hatten, dass sie diese Zeit durchgestanden haben, alles durchgehalten haben,..... dass sie die Kraft und den Mut gefunden haben, aufzubrechen,.... dass sie den Weg geschafft und nicht aufgegeben haben...., das ist doch wirklich ein Wunder!  Und darum singen sie: Das verdanken wir Gott. Und:  Das ist nur der Anfang. Da kommt noch was!

            Er,  der Herr - , kommt, das Erdreich zurichten.

            Er wird den Erdkreis richten mit Gerechtigkeit

            und die Völker, wie es recht ist.

            (V9)

 

Ja, da kommt noch was! Gott wird kommen. Gott hat Wunder getan und er wird damit nicht aufhören, Gott wird nicht nachlassen. Er wird für alle Völker Recht schaffen! Richten heißt nämlich nicht verurteilen, aburteilen und verdammen. Sondern richten heißt aufrichten, heißt: gerechte Verhältnisse schaffen!

 

Die Hoffnung, die singend laut wird, ist also nicht, dass alles wie früher wird, sondern dass alles besser wird.  Die erlebte Befreiung, das Aufatmen, der Halt durch die neue geknüpfte Beziehung zu Gott soll allen zuteilwerden!

 

Wann?

 

Die Antwort kennen wir nicht. Und wir müssen sie auch nicht kennen.

 

Wichtig ist, dass wir von Gott wissen. Wichtig ist, dass wir mit Gott und mit einander verbunden bleiben. Wichtig ist, dass wir singen und hoffen und daraus Kraft schöpfen für das was vor uns liegt.

 

Denken wir immer daran: Wir kommen von Ostern her. Niemand war dabei, als Jesus auferstanden ist. Nur von wenigen wurde es überhaupt bemerkt. Die haben es mit klopfendem Herzen weitererzählt.

Klopfende Herzen, lebendige Herzen, das ist wohl die schönste Musik!

 

Denken wir auch daran, dass Befreiung hinter uns liegt. Vor 75 Jahren, als der Weltkrieg zu Ende ging, sind wir von schrecklichem Unrecht und Irrsinn und Hass befreit worden. Es war die Rettung und ein starker Impuls, das Leben neu aufzubauen und zu ordnen im Frieden mit den Nachbarn. Lassen wir uns das nicht wieder nehmen, durch die Krise, in der wir jetzt stehen.

Bleiben wir dran an der Hoffnung, singen sie wir uns immer wieder ins Herz, lassen wir uns von ihr bewegen, die Dinge anders, besser zu machen - mit Gottes Hilfe:

 

Gott, sing mir die Freude des Ostertages in meine Seele,

damit sie leicht wird in dem Schweren, das ich erlebe.

 

Gott, trommle mir den Takt des neuen Lebens in mein Herz,

damit es springt vor Glück auf den bitteren Wegen.

 

Gott, rufe mir die Botschaft deiner Liebe ins Ohr,

die stärker ist als der Tod,

damit ich singen und hoffen und die Dinge verändern kann.

 

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

 

Bleiben Sie gesund - und munter!

 

Ihre Pfarrerin

Ute Brodd-Laengner

 

 

Friedensgebet

 

O Herr,

mach mich zum Werkzeug deines Friedens,

dass ich Liebe übe, wo man sich hasst,

das ich verzeihe, wo man sich beleidigt,

das ich verbinde, da wo Streit ist.

dass ich die Wahrheit sage, wo der Irrtum herrscht,

dass ich den Glauben bringe, wo der Zweifel drückt.

dass ich die Hoffnung wecke, wo die Finsternis regiert,

dass ich Freude mache, wo der Kummer wohnt.

 

Herr, lass du mich trachten:
Nicht dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde, sondern, dass ich verstehe,

nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.

 

Denn wer hingibt, der empfängt,

wer sich selbst vergiss, der findet,

wer verzeiht, dem wird verziehen.;
und wer stirbt, erwacht zum ewigen Leben.

Amen.

 

 

 


 

 

 

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