Wort zum Sonntag Jubilate - 3. Mai 2020

 

 

Eingefangener Sonnenschein.

Gibt’s den?

Wenn ja, ließe er mein Herz jubilieren, gerade an dunklen Tagen.

 

Wir leben in einer Kulturlandschaft, die durch den Weinbau geprägt ist. In Hammerstein, Hönningen, Dattenberg, Unkel, in Bruchhausen und an vielen anderen Orten gibt es etliche Weinberge, sind viele Rebstöcke, die von Winzern gehegt, gepflegt und bearbeitet werden.

Und die Reben am Weinstock, sie lassen uns den Sonnenschein tatsächlich schmecken, spürbar, wenn wir eine gute Flasche Traubensaft oder Wein öffnen.

Darüber freuen wir uns.

Das passt zu diesem dritten Sonntag nach Ostern, der den Namen Jubilate trägt: Freut euch! Jubiliert!

Ich bin der Weinstock, sagt Jesus im heutigen Evangelium. Ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht. (Joh. 15, 5)

Ein starkes Bild.

Der Weinstock, tiefgründig, weitausgreifend und stabil, holt sich Wasser und Nährstoffe aus dem Boden, in dem er wurzelt. Geschmack und Süße bekommt er auch durch die Sonne, die seine Früchte reifen lässt. Er nutzt, was sich ihm bietet, geht kraftvoll und produktiv mit dem um, was er vorfindet, bringt zahlreiche Reben hervor.

 

Ein Bild auch für das, was christliche Gemeinschaft ausmacht. Kraft und Stärkung erfährt sie von Christus, dem Weinstock. Durch ihn strömt die Kraft und die Liebe des Vaters zu uns. Daran können wir uns erfreuen. Die Kraft zu unserem österlichen Glauben erhalten wir von dem auferweckten Jesus. Er ist wie ein Weinstock, an dem wir dranhängen wie die Reben. Von ihm geht alles Leben aus und erfüllt uns, bringt uns Vergebung, lässt Wunden heilen, gibt eine Wärme, die uns immer wieder neu handeln, als Christen leben lässt.

Nehmen wir das alles in uns auf, können wir es weitergeben an andere. Miteinander verbunden, können wir uns gegenseitig im Glauben stärken.

 

Unser Glaube ist mitunter sehr zerbrechlich und immer wieder gefährdet.

Gegenwärtig erleben wir alle, wie Sorgen und Ängste nach uns greifen. Dieses pandemische Virus, das sich unsichtbar verbreitet, verunsichert viele. Gerade jetzt brauchen wir als Christen die gegenseitige Stärkung, um dran zu bleiben am wahren Weinstock Jesus Christus.

Für Jesus ist das Leben aus dem Glauben durchaus eine ernste Sache. Treu in ihm bleiben, das ist nicht mit einer Wohlfühlatmosphäre zu verwechseln.

Im Johannesevangelium sagt Jesus seinen Jüngern, dass er leiden und sterben wird und dass auch denen, die ihm nachfolgen, schwere Zeiten bevorstehen. Sie werden dann allein zurückbleiben in dieser Welt.

 

Christlicher Glaube malt das Leben nicht als Wellnessoase. Fragen, Nöte, Sorgen bleiben uns nicht erspart. Als Christ weiß ich: Grüne Auen, aber auch dunkle Täler, beides macht das Leben aus. Das Bild vom Weinstock ist also keine Idylle. Trockene, dürre Zeiten und kalte Fröste können den Reben hart zusetzen. So muss auch der Glaube ständig neu den täglichen Widerständen abgetrotzt werden. Wie oft verlieren wir den Halt, erfahren, wie Ehen, Familien zerbrechen, Freundschaften kaputt gehen. Dabei sehnen wir uns danach, dass jemand oder etwas bleibt.

 

In unserer Wurzellosigkeit, in der Bedrohung unserer Zugehörigkeit öffnet Jesus unsere Augen für eine andere Wirklichkeit. Er benutzt dafür das Bild vom Weinstock: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Ihr habt längst ein Zuhause. Ihr habt euren Platz, euren festen Ort. Ihr gehört zu mir. Bei mir seid ihr richtig. Hier werdet ihr versorgt. Ich gebe euch Wurzeln und Heimat. Ihr seid Reben am Weinstock. Ich verbinde mich mit euch. Denn ich liebe euch.

Ihr müsst dafür nichts tun. Ich schenke euch meine Liebe. Sie gilt dauerhaft, umfasst Anfang und Ende. Sie ist beständig. Darum: Bleibt! Bleibt in mir, und ich werde in euch bleiben! Bleibt dabei, dann kommt die Frucht von selbst, denn:

 

Wer in mir bleibt, und ich in ihm, der bringt viel Frucht.

Eine Frucht der Liebe ist, zu bleiben. Zu bleiben, bei Menschen in Not, zu bleiben, bei Menschen, die darum bitten, nicht allein gelassen zu werden. Bei Menschen, die darum bitten, mit ihnen zu wachen und zu beten. Achtsam zu bleiben für andere. Friedlich und gerecht zu bleiben.

Aber v.a. in Jesu Worten zu bleiben. Sie sind ein Lebensstrom aus seinem Herzen, der in alle Reben hineingeht.

So geht es im Glauben immer darum, dranzubleiben. Gerade jetzt. An ihm und aneinander. Bleiben wir darum miteinander im Gebet. Jeden Abend um 18 Uhr, wenn unsere Kirchenglocken läuten und die Osterkerzen in unseren Gotteshäusern entzündet werden, sind wir beim Vaterunser mit Jesus Christus und untereinander verbunden. All das kann Sonnenschein bringen in die Herzen anderer und so auch in mein eigenes Herz.

Eingefangener Sonnenschein?

Ja, den gibt es! Ganz besonders dort, wo Leben ermöglicht, geachtet, gestärkt wird. L‘chaim heißt es als Trinkspruch in Israel bis auf den heutigen Tag, wenn Menschen mit dem Saft der Trauben anstoßen - auf das Leben! Amen.

 

Gebet

O Gott, es gibt vieles, das ich nicht weiß.

Es gibt vieles, das ich nicht durchschaue.

Es gibt vieles, das ich nicht in der Hand habe.

Wenn ich mich ohnmächtig fühle,

will ich einmal tief durchatmen und darauf vertrauen,

dass ich nicht das Ganze bewältigen muss,

sondern das tun kann, was mein Part ist.

Wenn ich verunsichert bin,

will ich einmal tief durchatmen und darauf vertrauen,

dass ich nicht alleine bin und dass unsere Weisheit gemeinsam reicher ist.

Wenn ich Angst habe,

will ich einmal tief durchatmen und darauf vertrauen,

dass ich nicht aus Gottes Nähe herausfalle,

sondern dass Gottes Geist mir nahe ist.

Was ich weiß, ist:

Mein Leben und meine Liebe und meine Würde reichen so viel weiter als das, was ich leisten oder tun kann.

Was ich sehen kann, ist:

Nach jedem Winter kommt der Frühling und neues Leben wächst aus dem kalten Erdboden.

Was ich kann, ist tief durchatmen und dieser Welt Liebe einflößen,

die sie so dringend braucht.

„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei;

aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“

Amen.

 

PAX+BONUM

Gottes Segen wünscht Ihnen und Euch

Ihr/Euer

Pfarrer Christoph C. Schwaegermann

 

 

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