Wort zum Ostersonntag - 12. 4. 2020

„Fürchtet euch nicht! Er ist nicht hier!“

Als die drei Frauen am frühen Ostermorgen diese Worte hören, sind sie zu Tode erschrocken: denn „Zittern und Entsetzen“ hat sie gepackt. So überliefern es die Evangelien.

„Er ist nicht hier!“

 

So mögen viele unter uns in diesen Tagen denken. Gerade erleben wir Wochen und Monate der Furcht, das ist offensichtlich und schlimm. Viele ängstigen sich. Hundertausende bekämpfen mit ihren medizinischen Mitteln einen Gegner, den sie kaum oder gar nicht kennen. Wir wissen noch nicht einmal, wann und ob alles „wieder gut“ wird. Wir fühlen uns so ausgeliefert. Umso mehr schmerzt, dass das gemeinschaftliche Beisammensein z. Zt. nicht möglich ist. Das allgemeine Versammlungsverbot trifft ja besonders auch uns  Kirchengemeinden in dieser Zeit: Wir feiern Ostern, das Hauptfest der Christenheit! Und sind gezwungen es als „Fastenausgabe“ zu begehen, ohne Osternachtfeier, ohne gemeinsamen Gottesdienst. Zittern und Entsetzen greifen auch nach uns. Wir halten Abstand. Am besten zwei Meter. Dabei brauchte es gerade jetzt menschliche Nähe und tröstende Berührungen. Gerade jetzt müssten wir einander die Hand reichen, in den Arm nehmen, uns umarmen. Wir sollten uns nah sein, miteinander etwas unternehmen, zu Ostern verreisen oder die alten Eltern zu uns einladen. All das geht in diesem Jahr aber nicht. Das wäre unverantwortlich. Und so leben wir in einem Widerspruch. Wenn ich meine Nächsten schützen will, muss ich Abstand halten.

 

Die drei Frauen im Evangelium sollen ebenfalls zunächst Abstand nehmen, werden vom Grab erst einmal zurückgeschickt, ehe es für sie Ostern werden kann:

„Er ist nicht hier!“

 

Kehrt um, geht zurück in euren Alltag, in euer Leben – dort werdet ihr ihn finden. Eine Umkehr mitten im Leben wird auch von uns verlangt, ein Umdenken, ja ein Umfühlen.

 

Wenn ich in einer Krise Anteilnahme zeigen will, zeige ich Nähe, normalerweise. Jetzt aber ist eine widersprüchliche Haltung nötig: Wenn ich für dich da sein will, drehe ich mich von dir weg. Was jetzt gebraucht wird, ist liebevolle Distanz. Also den Kindern SMS schicken. Und wenn jemand in Quarantäne leben muss, ihm die wichtigen Dinge vor die Tür stellen. Ein gutes Herz zeigen. Und Gottvertrauen. Und man kann telefonieren. Aber was sagen?

 

Das erste wäre wohl: keine Panik! Oder mit österlichen Worten:  Fürchtet euch nicht!

 

Ostern ist ein Fest des Widerspruchs. Schon immer. Der Tod hat nicht das letzte Wort.

 

Es gibt einen, der stärker ist. Einen, der ihn vor zweitausend Jahren schon in die Knie gezwungen hat: Jesus Christus. Weil Gott in Christus dem Tod widerspricht, widersprechen auch wir ihm. Wir treten ein für das Leben. Ganz besonders in Corona-Zeiten:

 

Da sind die Menschen, die in den Krankenhäusern, Altenheimen für andere da sind. Da ist die Stationsschwester, die immer sagt, was viele jetzt sagen: „Passen Sie bitte auf sich auf!“ Mit einer Wärme und Herzlichkeit, dass sich der so Angesprochene am liebsten in die Worte hineinlegen würde wie in ein Nest. Da sind die Menschen, die für andere einkaufen, anrufen, nachfragen, beten.

 

Am Ostersonntag sind wir eingeladen, an der bundesweiten Aktion teilzunehmen, mit vielen anderen im Anschluss an den Ostergottesdienst im ZDF um 10.15 Uhr ans Fenster, in den Garten, auf den Balkon zu treten und miteinzustimmen in den alten Osterhymnus:

Christ ist erstanden. – Und es kann sein, dass wir IHM begegnen: Hier ist er!

 

Und die Osterfreude kann unser Herz erreichen.

 

Bis ins 19. Jahrhundert hinein war übrigens das Osterlachen ein fester Bestandteil der Liturgie an Ostern. Die Osterfreude sollte sich auch im Gottesdienst Raum verschaffen und sich ausdrücken können. Ziel des Lachens war es, den Sieg über den Tod und damit die Überlegenheit des Lebens zu symbolisieren. Man wollte dem Tod gewissermaßen die Zunge herausstrecken. Denn Gott lacht über den Tod, also dürfen wir mitlachen, gerade an Ostern. Darum zum Schluss eine Einladung zum Mitlachen:

 

Ein altes Ehepaar stirbt zufällig am selben Tag. Gemeinsam kommen sie zum Himmelstor und werden von Petrus empfangen. Er macht mit ihnen eine Rundfahrt durch die himmlischen Gefilde. Bei einer Villa halten sie an. „Ihr wart immer gut zueinander und habt fest im Glauben gestanden. Die Villa gehört euch.“ Die beiden sind beeindruckt. Der Mann aber macht sich Sorgen: „Wer soll denn das große Grundstück pflegen? Ich etwa?“ – „Nein,“ beruhigt ihn Petrus, „ein Gärtner gehört natürlich dazu.“ – „Und wer putzt die Fenster?“ fragt die Frau. Petrus antwortet: „Bitte machen Sie sich keine Sorgen! Eine Hausgehilfin, eine Köchin und ein Butler gehören selbstverständlich zur Ausstattung Ihrer Villa!“ Da schaut der Mann seine Frau strafend an und sagt: „Du immer mit deinen Herztropfen! Das hätten wir schon vor zehn Jahren haben können!“

 

 

Christ ist erstanden

von der Marter alle.

Des solln wir alle froh sein,

Christ will unser Trost sein.

Kyrieleis.

 

Wär er nicht erstanden,

so wär die Welt vergangen,

seit dass er erstanden ist,

so lobn wir den Vater Jesu Christ.

Kyrieleis.

 

Halleluja, Halleluja, Halleluja!

Des solln wir alle froh sein

Christ will unser Trost sein

Kyrieleis

 

 

Fürbittengebet

Jesus Christus, Du Grund unserer Hoffnung!

Wir feiern Ostern, das Fest Deiner Auferstehung.

Wir danken dir, dass Du uns mit Deinem Leben und Sterben Gottes Liebe nahegebracht hast. Lass uns in Deiner Nachfolge leben und Deinem Wort glauben,

dass Du uns trägst und nichts vergeblich ist, was wir in Deinem Namen tun.

Heute an Ostern bitten wir besonders

für alle, die mit dem Corona-Virus infiziert sind, für ihre Familien,

für ältere Menschen, für Menschen, die unter Ausgrenzung leiden,

für alle leidenden Menschen, die sich nach einer Umarmung sehnen und einsam sind,

für die Menschen, die sterben bitten wir Dich:

Kyrie eleison!

für das medizinische Personal,

für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen,

für Menschen, die ihr Leben riskieren, um für Behandlung und eine Prävention sorgen,

für Einsatzkräfte und Mitarbeitende in Hilfsorganisationen,

für Forschende in den Laboren,

für alle, die Verantwortung tragen bitten wir Dich:

Kyrie eleison!

für die Gläubigen in aller Welt, dass sie erleben, wie wir im Gebet mit Dir vereint sind

auch ohne den Besuch an heiligen Plätzen bitten wir Dich:

Kyrie eleison!

Amen.

 

 

Segen

GOTT segne dich und GOTT behüte dich.

GOTT lasse sein Angesicht über dir leuchten

und sei dir gnädig.

GOTT hebe sein Angesicht auf zu dir

und schenke dir und aller Welt Frieden.

Amen.

 

 

Mit frohen und dankbaren Grüßen an alle Christen und an alle, die aufrichtig in den Bildern ihrer Religion Gott suchen, wünscht Ihnen und euch gesegnete Ostern

 

Ihr/Euer Pfarrer Christoph C. Schwaegermann

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