Reformationsjubiläum 2017 - Jahr der Ökumene

Jetzt wissen wir, was Luther gerne aß, was Katharina an Kräutern und Gemüse im Garten am Schwarzen Kloster in Wittenberg anbaute, wie sie den Haushalt managte, wenn der Reformator wieder einmal zwanzig Studenten zum Mittagessen mitbrachte. Dass sie, als   über einer theologischen Diskussion das Essen kalt wurde, zürnte: "Das nächste Mal bekommt ihr Sägespäne auf den Teller!" gehört zu den hübschen Anekdoten. Bei unserem "Luthermahl" im Katharinenhof, im Mai ausgerichtet mit dem Diakonischen Werk und der Linzer Tafel, kochten Frauen aus Afghanistan und dem Iran heimische Spezialitäten, aber es gab Luthers Lieblingsbier, das "Einbecker" ...  Viel Spaß hatten auch die Kids, die am Reformationstag im Aktionsprojekt "LUTHER" mit dem Kinder- und Jugendausschuss spielend erfuhren, wie Luther lebte, und die dann die Besucher des Festgottesdienstes mit einem Gericht à la Katharina von Bora erfreuten. Dass Evangelische auch Humor können, zeigten das Kölner "Ensemble 1517" mit seinem heiteren Beitrag "Leben, Liebe, Luther" und der Kölner "Klüngelbeutel" mit dem umwerfend komischen "Djihad in Wittenberg". Traditionen und Folklore, viele "Luthers zum Anfassen"  haben das  Reformationsjahr begleitet. Gut so. Manchen ist das nicht seriös, nicht ernsthaft genug. Ein Theologieprofessor aus Göttingen maulte, die EKD habe, da die Universitäten angeblich nicht genug einbezogen worden seien, das Reformationsjahr glatt "vergeigt". 

 

Nein, hier wurde nichts vergeigt, sondern die Reformation, auch bei uns, unter großem Engagement so vieler Gemeindeglieder, in vielfältigen Veranstaltungen für unsere Zeit wieder lebendig; die thematisch breit gefächerte Vorbereitung in der "Lutherdekade" hat uns dafür fit gemacht. Dass im August  die neue Orgel in Unkel eingeweiht werden konnte, spricht für gutes Timing und bleibt ein besonderer Glanzpunkt im Reformationsjahr; ebenso das Orgel-Wandelkonzert Unkel-Erpel-Linz im Oktober;  wie überhaupt die Musik, vom Gesang über die Posaunen bis zu den Interpreten und Interpretinnen an der Orgel, das Jahr wunderbar bereichert hat. Selbst das rockige Konzert von 17Inches in der Unkeler Kirche begann mit Martins rhythmischen Hammerschlägen.

 

Ermutigend, zukunftsweisend: "Erstmals in der Geschichte", so Heinrich Bedford-Strohm, "war dies ein Jubiläum ohne nationalistische und antikatholische Stoßrichtung." Es war ein Jahr der Ökumene. Sie ist zwar kein Neuland. Nachbarschaftsökumene mit unseren katholischen Geschwistern hat Tradition. Aber wir sind auch inhaltlich bewusster aneinander gerückt. Wir haben erfahren, wie nahe wir uns im Glauben gekommen sind; Luthers Rechtfertigungslehre etwa ist  überkonfessioneller Konsens. Diese Nähe haben wir sichtbar gemacht. So im ökumenischen Buß- und Versöhnungsgottesdient ("Erinnerung heilen - Jesus Christus bezeugen") im März, als wir, der Liturgie des zentralen Christusfests in Hildeshein folgend, im Labyrinth des Hönninger Kurparks ein Kreuz aufrichteten und uns verpflichteten, "konkrete Schritte zu gehen, die unser Gebet, unsere Lehre und unser Handeln im Geist ökumenischer Geschwisterlichkeit verändern" - wir: unsere Trinitatis-Gemeinde zusammen mit den Pfarreiengemeinschaften Linz und Bad Hönningen/Rheinbrohl, mit denen gemeinsam wir auch das  Christusfest auf dem Ehrenbreitstein am Pfingstmontag ("Ich bin vergnügt, erlöst, befreit") gefeiert haben. An unserer Trinitatis-ThesenTür haben viele Besucher ihre eigenen Thesen zur Ökumene angeschlagen, sich zur Einheit bekannt. Oder im Tauferinnerungsgottesdienst am Rennenberger Bach. Und ein ökumenischer Höhepunkt war sicher die  Ausstellung "500 Jahre Reformation in Linz" - in St.. Martin  und unserer Evangelischen Kirche, in der mehr als tausend Besucher, darunter  Klassen des Martinus-Gymnasiums,  Gelegenheit hatten, sich über die Geschichte unserer Gemeinde seit ihrer Gründung 1845 zu informieren. Zur Finissage lernten wir dann Anfang November in Jessica Buris konzertanter Lesung "Apostel Gottes: Frauen der Reformation" noch ein alt-englisches Saiteninstrument kennen:  den klangreichen  Dulcimer.

 

Und noch einmal der Ratsvorsitzende der EKD: "Wir nehmen richtig viel ökumenischen Rückenwind mit aus dem Reformationsjubiläum" - allen protestantischen Mäkeleien zum Trotz, möchten wir hinzufügen. Mit dem Ende des Reformationsjahrs endet nicht die Reformation. Wie wäre es, wenn die Trinitatis-ThesenTür weiter Besucher einladen würde, ihre Botschaften an die Tür zu schlagen? Sie ist Symbol für die "ecclesia semper reformanda": Die Kirche muss sich immer erneuern.

 

Hans-Ulrich Reh

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