25 Jahre taufen, thesen, temperamente

Pfarrer Christoph C. Schwaegermann (CS) ist am 6. Juni 1993 in unserer Evangelischen Trinitatis Kirchengemeinde ordiniert worden - vor 25 Jahren. Was sagt er über diese Zeit und sich selbst? Lesen Sie dazu sein Gespräch mit Presbyterin Carin Lebenstedt (CL).

 

 

CL: Lieber Christoph, wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, Pfarrer zu werden?

CS: Zum einen bin ich familiär „vorbelastet“ durch ständigen Umgang mit Pfarrern. Zum anderen wurde ich sehr von meiner Heimatgemeide geprägt, in die ich besonders nach dem Tod meines Vaters hineingewachsen bin und die mich mit damals 12 Jahren auch aufgefangen hatte. Auch die katholische Schule und die häufigen Besuche bei meinen Großeltern in Bayern (mein Großvater war ebenfalls Pfarrer) waren sicherlich von Bedeutung.Definitiv nicht wollte ich Jurist werden, als ich sah, was mein Bruder alles lernen musste ...

CL: Welchen Beruf hatten sich deine Eltern für dich vorgestellt?

CS: Da war eigentlich nichts vorgegeben. Mein Vater starb, als ich 11 Jahre alt war und es wurde nie ausgesprochen, dass ich Theologe werden sollte.

 

CL: Bereust du deine Berufswahl manchmal?

CS: Nein, bereut habe ich es nie. Dass der Beruf manchmal an die persönlichen Grenzen geht, ist klar, aber ich übe ihn immer noch gerne aus. Ich denke, dass es genau das Richtige für mich war und ist.

 

CL: Kannst du dich noch an deine Gedanken in den schwierigen Anfangszeiten mit schon manch argem „Härtetest“ erinnern, als auch noch die Gemeinde sich zu spalten drohte? Wie denkst du heute über diese Zeit?

CS: Das war natürlich eine meiner existentiell herausfordernsten Zeiten. Heute bin ich äußerst dankbar, dass ich das durchgestanden habe. Dankbar vor allem auch für die Hilfe und Zuwendung, die ich erfahren habe – in der Gemeinde und natürlich auch durch die Familie, besonders durch meine Frau.

 

CL: Was hat sich rückblickend besonders gut in der Gemeinde entwickelt?

CS: Viele neue zusammen mit dem Presbyterium entwickelte Gottesdienstformen wie z. B. ein reiner Krippenspielgottesdienst, Osternacht, Mirjam-Sonntag und Salbungsgottesdienst. Aber vor allem die Gruppen und Kreise, die menschlichen Beziehungen, die sich so vertieft haben und ein lebendiges Gemeindeleben widerspiegeln.

 

CL: Was war die beste Entscheidung innerhalb deines Berufes in den letzten 25 Jahren?

CS: Es gibt wohl nicht die eine beste Entscheidung. Die Gemeinde lebt von verschiedenen Einflüssen, muss auch mal den Pfarrer zurückpfeifen ... Eine gute Entscheidung war sicherlich, dass ich nicht gegangen bin. Darüber bin ich froh. In stürmischen Zeiten zu bleiben, vielleicht zwar manchen auf die Füße zu treten (was mit leid tut), aber dies durchzustehen, macht mich letztendlich froh.

CL: Welches ist dein Lieblingskirchenlied?

CS: Geh aus mein Herz, In deinem Licht, aber eigentlich sehr viele Lieder ...

 

CL: Was macht dir an deinem Job am meisten Spaß?

CS: Die Arbeit mit Menschen und die Vielfältigkeit, in der Seelsorge aktiv zu sein, auch mit schönen Momenten, das macht den Beruf so lebendig.

 

CL: Was ist dein Lieblingsessen?

CS: Italienisch in allen Varianten.

 

CL: Was ist deine schönste Erinnerung im Gemeindeleben der letzten 25 Jahren?

CS: Gemeinsamkeiten in der Ökumene haben mich immer sehr gefreut und gingen oft auch über die katholischen manchmal recht engen Vorgaben hinaus – das war toll. Und Menschen, die sich im Erwachsenenalter taufen lassen, zum Christwerden entschließen, sich öffnen und sehr intensive Gespräche führen, berührten mich stark.

 

CL: Ich habe in der gesamten ökumenischen Gemeinde dich beschreibende Adjektive gesammelt. Jetzt sind alle gespannt auf deine Antwort. Nenne mir drei dich beschreibende Adjektive.

CS: Verbindlich, perfektionistisch (was nicht unbedingt positiv gemeint ist), zuhörend

 

CL: Für welche drei Dinge in deinem Leben bist du am dankbarsten?

CS: Für meine Familie, für die Menschen, die hier sind; dass ich mit der Gemeinde im Glauben unterwegs sein darf.

 

CL: Im Juni 1993 stellst du im Gemeindebrief Nr. 77 zur Begrüßung deine Hobbys vor: Kochen, Zeitunglesen, Theaterbesuch und Theaterspiel, Tanzen und Pflanzen (auch im Pfarrgarten). Was machst du davon heute noch?

CS: Kochen und Zeitunglesen schon, Theater besuche und spiele ich leider nur noch selten und für die Pflanzen im Garten fehlt mir die Muße.

 

CL: Hattest du denn jemals die Zeit, dich um den Pfarrgarten zu kümmern?

CS: Zu wenig (lacht), das habe ich sträflich vernachlässigt. In Bad Hönningen habe ich tatsächlich ein paar Akzente gesetzt. Aber leider nutzen wir ihn zu selten.

 

CL: Was ist deine Lieblingsuhrzeit?

CS: Der Vormittag – so jung, man kann noch viel tun ...

CL: Was findest du besonders schade, dass es das in der Gemeinde nicht mehr gibt?

CS: Z. B. die Salbungsgottesdienste – dabei wurden sie am Anfang wirklich gut angenommen.

 

CL: Was wird für dich im Alter wichtiger, was weniger wichtig?

CS: Ich versuche gelassener zu werden (das ist allerdings ne Lebensaufgabe); Zeiten der Stille sind sehr wichtig. Unwichtiger für mich wird alles, was mit Verwaltung zu tun hat (verdreht die Augen): Da bin ich so froh, dass unsere Kirchmeisterin mir eine so wahnsinnig große Hilfe ist.

 

CL: Als ich Gemeindemitglieder fragte, was sie denn für eine Frage an dich hätten, was sie interessierte, bekam ich zur Antwort: „Um ihn aus der Reserve zu locken? Keine Chance!“ Dazu nun die Frage: Was könnte dich denn aus der Reserve locken?

CS: Richtig aus der Fassung bringen kann mich wenig. Ich versuche, die Dinge sehr differenziert zu betrachten. Pauschale Vorurteile können mich schon sehr verärgern.

 

CL: Auf welche Frage, die du dir selbst stellst, hast du noch keine Antwort gefunden?

CS: Warum bin ich so wie ich bin? Gefällst du dir denn so, wie du bist? Manchmal ja, manchmal nein. Eigentlich predige ich da anders als ich mich teils verhalte ...

 

CL: Was ist dein Lieblingsgetränk?

CS: Ein gutes fränkisches Bier, guter Wein, aber auch gutes Wasser schätze ich sehr.

 

CL: Findest du dich selbst lustig?

CS: (lacht) Manchmal ja, manchmal nein – Ich kann gut lachen, kann aber auch traurig sein und Tränen zeigen.

 

CL: Hälst du dich für einen guten Freund?

CS: Ja.

 

CL: Was ist dir an einer Freundschaft am wichtigsten?

CS: Verlässlichkeit, Treue, Offenheit.

 

CL: Wer darf dir sagen, dass du falsch liegst?

CS: Jeder! Ich bitte sogar darum.

 

CL: Wo fühlst du dich am wohlsten?

CS: Im Kreise lieber Menschen.

 

CL: Kam dir die Gemeinde in den letzten 25 Jahren mal zum Halse heraus?

CS: Ich liebe Herausforderungen.

 

CL: Wann warst du zuletzt richtig nett zu dir selbst?

CS: Gestern, ich war mit meiner Familie zusammen und das war sehr schön. (Lächelt)

 

CL: Wenn du eine Stadt wärest, welche wäre das und warum?

CS: Wahrscheinlich Nürnberg: Das Bodenständige, Ehrliche, Vertraute (meine Familie kommt zum großen Teil aus dem Raum).

 

CL: Was wünschst du dir bzw. der Gemeinde für die nächsten 25 Jahre bzgl. der Entwicklung der Gemeinde?

CS: Nur das Allerbeste (lacht). Einen neuen Aufbruch in der Jugendarbeit mit der neuen Referentin. Das weitere Zusammenwachsen der beiden Pfarrbezirke. Dass die Ökumene bei all den kommenden Herausforderungen nicht aus den Augen verloren wird. Weiterhin so tolle MitarbeiterInnen, wie sie sie jetzt hat – das ist einfach grandios!

 

CL: Was wünschst du dir persönlich für die nächsten, sagen wir mal 10 Jahre?

CS: Den Weg der Gelassenheit gehen zu können bzw. ihn zu finden. Dass die Kraft der biblischen Botschaft uns wertvoll bleibt im Miteinanderleben und dass wir daraus auch schöpfen. Dass wir nicht nur funktionieren, sondern selber den Glauben leben, dies auch an die Kinder und Jugendlichen weitergeben.

 

CL: Welche Dinge möchtest du noch unbedingt in deinem Leben machen?

CS: Den Pilgerweg nach Santiago de Compostela gehen; in Kleists Komödie „Der zerbrochene Krug“ den Dorfrichter Adam spielen; mein abgebrochenes Kontrabass-Spiel wieder aufnehmen; meine Frau für einen gemeinsamen Tanzkurs gewinnen.

 

CL: Könntest du die Jahre abschließend zusammenfassen?

CS: Die 25 Jahre sind nicht nur ich, es ist das Gemeindegeschehen, das sich so wunderbar entwickelt hat. Das gibt mir Entspanntheit. Die Kontinuität bei mir ist die Veränderung, ständig neue Herausforderungen, Krisen, die zu bewältigen waren. Viele sehr unterschiedliche Menschen haben das Schiff Gemeinde gemeinsam in eine gute Richtung gelenkt. Dafür bin ich sehr dankbar.

 

CL: Vielen Dank für das Gespräch.

 

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