Ein Traum: Pfarrer am Rhein

Zum Ordinationsjubiläum von Pfarrer Michael Busch

 

Lieber Michael, wolltest Du eigentlich schon immer Pfarrer werden?

 

MB (lacht) Was heißt „immer“?

Also, es gab durchaus auch andere Ideen, die aber zu wackelig gewesen wären. In meiner Schulzeit begeisterte ich mich für das Schauspielfach. Ich durfte tolle, besondere Rollen spielen, und es gab auch die Gelegenheit, an großartigen Workshops, z.B. mit Bill Mockridge, teilzunehmen. Ein Einblick in die echte Berufswelt hat mich dann aber letztlich doch davon abgebracht: Ich jobbte als Sprecher für eine Sprachschule, und der Umgang dort untereinander hat mich nicht überzeugt. Letztlich können auch nur wenige davon leben. Es sollte daher doch lieber ein Hobby bleiben.

 

Aber durch Deinen Vater warst du in der Pfarrer-Welt zu Hause. War das letztlich ursächlich für die Berufswahl?

Fußstapfen spielen sicher eine große Rolle. Ich bin in dieser Welt aufgewachsen und fühlte mich wohl. Wirklich herauskristallisiert hat sich der Berufswunsch kurz vor dem Abitur. Studiert habe ich dann in Bonn.

 

 

 

Welche beruflichen Stationen gab es vor der Pfarrstelle in Unkel-Rheinbreitbach?

Zunächst war ich Vikar in Bonn-Oberkassel und wurde dort auch ordiniert. Spannend war dann die Zeit einer Vakanzvertretung in Honrath. Dort wurde ich direkt für 4 Monate ins kalte Wasser geworfen. Die Gemeinde war unvorbereitet, und ich konnte eine bestehende Gemeindestruktur leiten. Es war eine aufregende erste Zeit! Große Hilfe fand ich damals in der Gemeindesekretärin, zu der ich heute noch Kontakt habe.

 

Anschließend war ich in Lohmar für zwei Jahre vertretungsweise tätig. Es gab zu der Zeit zu viele Bewerber auf zu wenig Pfarrstellen. Es hat mir direkt großen Spaß gemacht. Natürlich habe ich auch viel gelernt, manches ausprobiert und auch teilweise dort Erfahrenes auch hier als Tradition eingeführt; z.B. das gemeinsame Weihnachtsbaumschmücken hatte mein damaliger Kollege Peter Gottke aus Dänemark mitgebracht. Ich weiß aber gar nicht, ob das in Lohmar dann überhaupt durchgeführt wurde. Und ich darf sagen, dass die Idee, dass jeder etwas mitbringt, von mir stammt! Meine persönliche Note, sozusagen.

Ja, und dann kam die Bewerbung nach Unkel. Es waren nicht ganz einfache Zeiten am Anfang. Ein Wechsel ist wohl immer mit Spannungen verbunden. Die Spannungen wurden gelöst - wie bei einem reinigenden Sommergewitter. Und jetzt darf und kann ich sagen: Eine Traumpfarrstelle - mit einer Traumgemeinde. Eine wundervolle Lage und gute strukturelle Voraussetzungen.

 

Das klingt nett! Inwiefern ist es für Dich eine Traumpfarrstelle?

Hier zu leben, ist einfach etwas Besonderes: Die Lage zwischen Rhein und Siebengebirge. „Pfarrer sein, wo andere Urlaub machen“ könnte ich auch sagen. Aber was wirklich zählt, sind die Menschen, die mitmachen. Die Formulierung „Kirche im Dorf“ hat hier mehr Bedeutung als anderswo.

 

Von Anfang an waren Menschen dabei, wollten gestalten und sich einbringen. Bereits im ersten Jahr fanden 50 Taufen statt – in gewisser Weise ein Neustart in vielerlei Hinsicht. Ich erlebe ein unkompliziertes Miteinander und bin dankbar dafür.

 

Welche Schwerpunkte setzt Du in diesem Miteinander?

Für mich sind die Themen Familienkirche und Musik wesentlich. Musik in ihrer ganzen Bandbreite in den Beruf einbringen zu können, empfinde ich als besondere Bereicherung. Wenn ich ein Highlight nennen darf, wäre das sicherlich die Gründung der Band „17Inches“. Als Konfi-Projekt einst gestartet, ist die Band ein fester Bestandteil meines und des Gemeindelebens. Die Verbindung von Hobby und Beruf ist wohl immer ein Highlight.

 

Gibt es andere „Highlights“, die Dir besondere Freude bereiten?

(sehr spontan): Weihnachten als Kirchenjahreszeit. Ich mag die Weihnachtszeit. Ich sehe unsere Krippenspiele als wichtigen Bestandteil der Gemeindebindung. An den Krippenspielen merkt man sicher auch meine Leidenschaft für das Theater. Teilweise sind die Krippenspiele selber geschrieben, meist umgeschrieben und situativ angepasst. Für die wachsende Zahl an Hirten und Engeln wird stets ein Stückchen Text gefunden.

 

Freude habe ich nach wie vor natürlich auch an verschiedenen Gottesdienstformaten. Die Kinderkirche, Familiengottesdienste - aber auch die Konfirmationen. Wenn ich merke, was es Konfirmanden in dem Moment bedeutet. Das macht einfach Spaß, und es sind definitiv immer wieder besondere Momente für mich. Besonders interessant wird es immer dann, wenn Musik als besonderer Pfiff hier integriert werden kann.

 

Mit meiner Tätigkeit hier habe ich auch die Tradition der Osternacht mit der Gestaltung des Blumenkreuzes eingeführt und empfinde auch das als besonders wertvoll für unsere Gemeinde.

 

Außerhalb der Gottesdienste sind sicher die Familienfreizeiten zu betonen. Eine spannende Aufgabe war es auch, das erste Musical (komponiert von Friedemann Scheffler) mit zu inszenieren.

 

Aber auch die regelmäßig (bis Corona dazwischen kam) stattfindenden Seniorenfeiern empfinde ich als Highlight und zeigen, wie vielfältig die Gemeinde ist. Das „Café Nostalgie“ hat mein Vater einst erfunden, und ich konnte es hier mit einbringen.

 

Dann gibt es noch die einmaligen Highlights, wie den großen Umbau der Kirche in Unkel. Dass es überhaupt und dann noch so besonders gut funktioniert hat, macht mich stolz. Als ich die Idee einbrachte, in die geplante neue Apsis ein gläsernes besonderes Kreuz einzufügen und dies auch noch so großartig umgesetzt wurde, war ich sehr erfüllt. Nach wie vor genieße ich den Anblick.

 

Möchtest du etwas nennen, was du für die Gemeinde vor Ort erreicht hast?

Für mich war es z.B. wichtig, dass Kinder zum Abendmahl kommen dürfen. Alle sind eingeladen, und das leben wir hier auch so. Jesus lädt ein – nicht wir als Gemeinde. Und wirklich alle sind eingeladen. Und ich glaube, dass wir überhaupt in den Jahren hier einiges auf die Beine gestellt haben. Das Zusammenspiel der Pfarrbezirke und auch in der Ökumene ist, glaube ich, auch deutlich intensiver geworden.

 

Ein Blick in die Zukunft: Worauf freust Du Dich? Was macht Dir Sorge?

Sorgen bereitet mir die Frage nach der Funktionsfähigkeit der Gemeinde mit weniger Pfarrpersonen. Aber auch der größere Blick auf Kirche in Deutschland ganz allgemein.

 

Ich bin schon ein Vertreter der Volkskirche; „Kirche für alles Volk“, gerade das macht Kirche lebendig und wichtig. Kirche kann so etwas wie Heimat sein, und das geht aktuell verloren. Je mehr Standing die Kirche in der Gesellschaft verliert, desto mehr ist die Volkskirche in Gefahr.

 

Was genau verstehst Du unter „Volkskirche“?

Dass Kirche in vielfacher Hinsicht ein zu Hause sein kann und soll. Und zwar für jede und jeden. Unabhängig von Alter, Bildung oder Frömmigkeit. Alle sind willkommen, und unsere Angebote stehen allen offen. Gemeinde ist wie ein bunter Garten mit recht unterschiedlichen Blumen und Kräutern. Erst das Zusammenleben von verschiedenen Pflanzen macht daraus einen Garten.

 

Für mich besteht die Aufgabe der Volkskirche auch darin, Werte und Gedanken im gesellschaftlichen Diskurs wachzuhalten.

 

Jeder erlebt auch skurrile Momente in der Arbeit – welche waren Deine?

Oh je! Das stimmt sicher. Ich bin mal fast in ein Grab hineingefallen – aber vor der Zeit hier. Der Küster war gleichzeitig der Friedhofsgärtner und hatte den Rand des Grabes nicht gesichert. Als der Rand wegbrach, konnte ich mich mit einem großen Satz darüber gerade noch retten.

 

Oft erlebe ich auch lustige Momente – insbesondere dann, wenn Kinder beteiligt sind. Und dann gibt es wohl diese „Klassiker“ im Leben eines Pfarrers: vergessene Ringe bei Trauungen, Braut bleibt mit Stöckelschuh im Gitterrost vor dem Eingang hängen etc.

 

Dann ein Themawechsel: Wirst Du erkannt? Bist Du in Unkel ein „Promi“?

Promi – denke ich eher nicht. Aber ja, ich werde hier vor Ort erkannt. Leider ist eine große Schwäche von mir mein schlechtes Namensgedächtnis. Gesichter erkenne ich aber eigentlich sehr gut. Auch nach vielen Jahren! Man darf wohl nicht vergessen, dass ich eine ganze Menge Konfirmandinnen und Konfirmanden hatte, die sich im Laufe der Zeit auch optisch verändern – da werde ich manchmal angesprochen und das Gesicht sagt mir etwas… aber der Name? Puh.

 

Gelingt es Dir, Dich in drei Adjektiven zu beschreiben?

(sehr spontan): Diplomatisch, rücksichtsvoll und kreativ.

 

Zum Abschluss: Gibt es Dinge auf Deiner „Bucket-List“ (jene Dinge, die man einmal in seinem Leben gemacht haben möchte)?

Besser werden auf der Gitarre. Das wäre schön! Und vielleicht die Welt weiter zu bereisen. Die Hurtigrutenreise und die Polarlichter zu sehen, war ebenso ein privates Highlight wie das Schnorcheln in der Karibik.

Aber so eine „Liste“ habe ich ehrlich gesagt nicht.

 

Vielleicht ist es ein Zeichen der Verbundenheit, wenn eine solche Liste nicht besteht. Danke für das Gespräch!

 

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